Der HERR ist freundlich dem, der auf ihn harrt, und dem Menschen, der nach ihm fragt. Klagelieder 3,5
Mitte August: Temperaturen über 30 Grad Celsius. Ich sollte mich schon mal mit dem Monatsspruch für Oktober auseinandersetzen. Wie lautet der eigentlich? Hoffentlich nichts allzu „Herbstliches“. Und dann das: Klagelieder! Das mag so gar nicht zu der augenblicklichen hochsommerlichen Stimmung passen. Da verschiebe ich das Ganze am besten erst mal. Ich drucke den Spruch aus und platziere ihn gut sichtbar auf dem Wohnzimmertisch. So fällt er mir immer mal wieder ins Auge…
Worum geht es denn in den Klageliedern (vermutlich) des Jeremia überhaupt: 40 Jahre lang hatte Jeremia das Gericht Gottes vorausgesagt und gehofft, das sündige Volk würde zu Gott umkehren. Stattdessen erntete er nur Spott. Der Fall Jerusalems (586 v.Chr.) war nicht aufzuhalten. Jeremia reagierte mit großer Trauer und Mitleid für sein widerspenstiges Volk. Er drückt seine Empfindungen in einem erschütternden Trauergesang aus, den Klageliedern, die auch „laute Schreie“ genannt werden. Der Schwerpunkt der Klagelieder liegt auf dem Gericht Gottes als Antwort auf Judas Sünde. Der Monatsspruch jedoch taucht im Rahmen der dritten Klage unter der Rubrik „Hoffnung“ auf. Auf den Gesamttext bezogen gehört er zum literarischen Höhepunkt. Das Beachtliche an der Stelle ist, dass Jeremia nicht in dem unendlichen Schmerz stecken bleibt, sondern seinen Blick auf Gottes Gnade und Barmherzigkeit zu lenken vermag. Er weiß, dass Gottes Treue, seine Zusage an sein Volk, weiterhin Bestand hat und Jerusalem nicht für immer zerstört bleiben wird.
Auch wenn wir vielleicht noch keine solch elementaren Einschnitte erlebt haben, so ist nicht immer Hochsommerstimmung bei uns, so gehören Tiefen, menschliche Krisen, innere wie äußere Bedrohungen zu unser aller Leben. Wie schnell machen wir Gott dann dafür verantwortlich, wie sehr verfallen wir ins Klagen und Trauern, kehren unsern Blick nach innen, ausschließlich auf den Schmerz konzentriert. Aber gelingt es uns auch, den Blick auf Gott zu richten und auf ihn zu harren und nach ihm zu fragen? Beim Lesen einer anderen Übersetzung des Spruchs: „der Herr ist gütig gegen die, welche auf ihn hoffen, gegen die Seele, die nach ihm sucht“ fällt mir auf, dass es hier um zweierlei Haltungen geht: harren/hoffen eher passiv und fragen/suchen eher aktiv. Hoffen/Harren: ausharren, auf etwas warten (können), es nicht erzwingen wollen, Geduld aufbringen, etwas aushalten. Gleichzeitig nicht aufhören zu fragen/zu suchen: den Kontakt zu Gott (wieder stärker) zu suchen, zu fragen, was Gott von mir will, was ich jetzt tun oder auch lassen kann. Dass wir nicht erstarren in der Frage nach dem „Warum“, sondern das „Dennoch“ des Glaubens immer wieder aufs Neue erfahren/erspüren können, das wünsche ich uns. Manchmal gelingt es einem nicht allein, manchmal brauchen wir andere Menschen, die da sind und helfen, unseren Blick neu auszurichten. Wie gut tut es da, um unsere (CVJM-) Gemeinschaft zu wissen.